Dienstag, 20. Juli 2010

Heftiges Magengrummeln

hat mir den Aufenthalt in Leguruki ein klein wenig vergällt. Aber von vorne:

Am Sonntag war Aufbruch in Moshi angesagt. Nach dem Godi Abschied von Clive und Bodil für unbestimmte Zeit. Wie lange? Vielleicht 2 Jahre? Oder 5? Wer weiß…

Nach einem netten indoitalianischen Lunch in Moshi ging‘s für uns weiter nach Kin’gori und Leguruki und wieder einmal haben uns die tansanischen Kondaktas abgezogen. Naja, woher sollte ich denn noch wissen, was der Bus für den gewöhnlichen Einwohner kostet? Für uns jedenfalls 2000 statt den sonst üblichen 1000. Die sollen mir mal nach Deutschland kommen!

Sehr viel schneller als erwartet waren wir an der Abzweigung zum „Leguruki Educational Training Center“ oder wie immer sich der Compound gerade nennen mag. Ratzefatze gings auch weiter mit einem kleinen Bus Richtung Norden, ich hatte kaum Zeit zum Bilderschießen. Der Verkehr in diese ursprünglich sehr entlegene Region ist in den letzten Jahren sehr viel dichter geworden, die Busse sehr viel größer, die Schlaglöcher allerdings auch. Die offenen Pickups, mit denen man vor 7 Jahren häufig mitfuhr, sind offen-bar verschwunden, nun gibt es nur noch Hightech-Busse, hoho.

Nun denn, wir kamen flux am Schulzentrum an, so dass Anja, bei der wir die folgenden 2 Nächte unterkommen konnten, noch gar nicht von einem ihrer Abschiedsbesuchstrips zurück war. (In heute weniger als einer Woche wird auch sie die Segel streichen und die Wehmut schaukelt sich schon langsam hoch.)

Auch ihr Freund Alex und dessen freundlich-quasselstrippige Tocher Vanessa waren gerade zu Besuch, so dass wir für knapp 2 Tage zu fünft das Volunteershaus bevölkerten und folgerichtig pünktlich heute morgen der Trinkwasservorrat zur Neige ging. Bis wenigstens morgen Mittag ist also Trockenduschen angesagt, das spart aufwändig zu waschende Handtücher…

Nunja, irgendwie ist doch alles wie immer. Dennoch ein paar Veränderungen: Eine Menge neue Häuser sind gebaut worden, die Werkstätten sind zum Teil umgezogen, aus Kantine, Tischlerei, einem Kindergarten und der Maismühle wurde zwischendurch eine „Business Site“, die aber aus ominösen Gründen nahe dem Bankrott ist. Die Schule hat als Hinterlassenschaft der Wazungus nun 3 Autos statt einem und der vor Ewigkeiten gesponserte IVECO-LKW ist inzwischen nur noch ein mehr oder weniger bunt angemalter Schrotthaufen.

Wirklich süß war, dass ich im Kindergarten der Schule ein paar Kiddies entdeckte, die mir stolz ihre blauen Rücksäcke präsentierten, auf denen „Kirchenbezirk Bautzen“ zu lesen war. Ein kleines Projekt zu Ausstattung der Schüler mit Schulmaterial, welches ich im letzten Advent mit einigen Rucksäcken, gefüllt von Gemeindegliedern in Schönfels und Altenburg unterstützen konnte.

Die Anzahl der Schüler ist seit meiner Zeit auf dem Gelände infolge der Angliederung einer Secondary School fast verdoppelt worden, entsprechend mehr Klassenräume und Unterkünfte für Schüler gibt es jetzt.

Vom ehemaligen Personal ist leider nicht mehr viel übrig: Die mühsam vom WFD-Berater trainierten Headmaster sind inzwischen beide anderswo unterwegs, die beiden vom SES-Experten Fritz Berghuber ebenfalls gut ausgebildeten Elektriker verdienen an anderen Orten mehr Geld und außer Anja gibt es momentan nur noch einen hellhäutigen Neuseeländer auf dem Gelände, der irgendwas mit Landwirtschaft am Hut hat.

Man könnte sagen: Es gab wohl nach meiner Abreise ein mehrjähriges Hoch, als die neue Struktur nach einem von mir lediglich in Farbe gesetzten „Masterplan“, der kaum zu träumen übrig ließ, unter maßgeblicher Leitung bleichgesichtiger Organisationsprofis einigermaßen funktionierte.

Aber nun, nach deren Abreise läuft es, wie es immer gelaufen ist. Das eingenommene Geld, wenn es denn welches gibt, wandert in dubiose schwarze Löcher, private Taschen oder in sinnlose Investitionen und das Management scheint zuweilen quasi inexistent. Man kann nur den Kopf schütteln.

Ich muss zugeben, in Fragen der sogenannten „Nachhaltigkeit“ habe ich schnell aufgehört, mir Illusionen zu machen. Für mich war es hilfreich zu wissen, dass das eine oder andere Projekt gut oder besser lief, solange ich eben da war. Wenn die Einheimischen danach wieder ihren eigenen Stil fahren und den Karren in den Sand fahren (was dann doch nicht IMMER der Fall ist), kann ich nur sagen: Pole sana, dann habt ihr das wohl so gewollt. Es ist jammertraurig, aber offenbar nicht anders gewollt.

Ähnliche Erfahrungen machten offenbar alle meine Nachfolger: Es ist meistens mühsam, die Leute zu irgendwas neuem zu motivieren, für die Umsetzung jeder klitzekleinen Idee vergeht unsäglich viel Zeit und oft verliert man Nerven und Mut, manchmal beides gleichzeitig. Man kann an dieser Stelle auch gleich grundsätzlich über solcherlei „Entwicklungshilfe“ nachdenken, aber das ist wohl nochmal eine ganz andere Geschichte.

Nun jedenfalls. Schon am ersten Abend unserer Ankunft schüttelte mich ein ziemlicher Frost und ein bisschen Fieber. Irgendwie und irgendwo musste ich mir einen Magen-Darm-Infekt eingefangen haben, wie sich später herausstellte. Zunächst studierte ich in Anjas Bibliothek noch Malaria- und andere Fieberkurven und befürchtete schon, meinem nächsten Blogeintrag einen ganz anderen Titel geben zu müssen. So blieb es (glücklicherweise?) bei schlechtem Schlaf und Bauchweh ohne Ende, was inzwischen dank strikter Diät ein bisschen besser geworden ist. Meine erste polysaccharide Nahrung für heute waren zwei Flaschen Cola zum Mittag, nach Salzstangen such ich noch; die sollen bei zugehörigen Symptomen helfen.

Nun, ich wollte die Zeit in Leguruki dennoch nicht im Bett verbringen und so traf ich mich am Dienstag, also gestern mit meinem damaligen Tischlerkollegen und Freund Yotam, der von meiner Ankunft schon über Anja erfahren hatte. Er freute sich riesig, mich wiederzusehen und lud mich nach einer längeren Plauderrunde inklusive Soda-Sponsoring spontan zu sich nach Hause ein. Damals war irgendwie nie was draus geworden. Oder ich war zu schüchtern. Oder was weiß ich.

Jedenfalls ist Yotam inzwischen stolzer Besitzer eines nicht ganz kleinen Motorrades, mit welchem er mich, ein kurzer Tankstop (siehe Bild) inklusive, ins Hinterland entführte. Er zeigte mir erst seine aktuelle Baustelle, ein kleines Haus, in dem er demnächst ein kleines Geschäft und seine eigene Werkstatt einrichten möchte. Anschließend chauffierte er mich zu seinem Wohnhaus, in dem uns seine Frau und 2 seiner Kinder empfingen. Infolge meines Bauch-Chaos konnte ich ein großes Festmahl abwenden (was möglicherweise für beide Seiten eine Erleichterung war) und mein Bauchgefühl war diesmal mehr als nur eine Ausrede.

So gab es nur eine Tasse heißen Tee mit für meinen flauen Bauch viel zu viel Milch und da ich diese zu schnell austrank- schwupps noch eine zweite. Aber alles war wunderbar und es war gut, mit ihm über das aktuelle Geschehen, die Vorgänge an der Schule und einiges andere zu reden. Yotam schilderte mir seine Sicht der Dinge, die vergleichsweise reflektiert und objektiv wirkte. Ich schätze, wenn er so pfiffig bleibt, wird er wohl nicht mehr lange an der Schule arbeiten.

Wir sehen uns wieder – tutaonana. Wann und wo, bleibt vorerst offen.

Am Nachmittag taumelten wir noch auf den Wochenmarkt in Kingori - immer wieder ein Erlebnis. Ein paar kleine Souveniers, Flipflops für die Lieben daheim und ein paar Futtereien waren diesmal unsere ganze Einkaufsliste.

Heute morgen ging‘s für uns weiter nach Arusha, wo wir uns heute um Bustickets kümmern müssen, um morgen möglichst früh den Weg zurück nach Nairobi und Limuru zu finden.


Anja hatte zu unserem Glück heute morgen einen Termin in Arusha, so dass sie uns direkt vor der Tür des Backpacker Hostels in Arusha absetzen konnte. Es gibt auch leicht auffindbare Backpackers!!!

Nun sitze ich hier oben auf der Terrasse, ziemlich europäischer Stil, und versuche, das Gedröhne und Gehupe, das Gekreische und Gequietsche des Straßenlärmes auszublenden. Tansanianer scheinen die Hupe häufiger zu verwenden als den Blinker…

Arusha war noch nie ein besonders freundlicher Ort, es ist laut und chaotisch und von Touristen teils übervölkert. Fast peinlich, momentan dazuzugehören. Aber, what shells, für einen Tag. Samuel ist grad nochmal auf der Piste, erobert die Stadt, macht Bilder, trinkt Tangawizi, was auch immer.

Von der beinahe letzten Station unserer Ostafrika-Rundreise grüßen Euch dennoch herzlich Philipp &Samuel

2 Kommentare:

Bärbel hat gesagt…

... lieber philipp, und ich grüß dich aus dresden! danke für deine einblicke und viele gute erfahrungen noch auf den letzten stationen! liebe grüße, bärbel

jule hat gesagt…

bin echt sehr fasziniert! danke dass du uns teilhaben lässt.
grüße aus leipzig,
jule, die selbst nicht mutig genug ist für so ne reise und nur an der polnischen ostsee war