Samstag, 17. Juli 2010

biking through Moshi

Ein kleiner Traum ist heute wahr geworden.
Ein ganzes Jahr lang hatte ich während meines einjährigen Praktikums in TZ davon geträumt, hier irgendwoher ein halbwegs brauchbares Rad her zu bekommen und nie ist wirklich was daraus geworden. Die sauschweren und ebenso schwer fahrbaren chinesischen Fahrräder sind kaum zu empfehlen, obwohl man hier selten etwas anderes sieht.
Die Bremsen sind mehr pro forma drangeschraubt (wenn es gerade Schrauben gab) und trotz fehlender Gangschaltung gibt es Leerlauf statt Rücktritt. Naja, und alles andere war damals zu teuer für mich.

Aber heute, heute endlich hat es geklappt. Auf meine spontane Frage nach einem Fahrrad antwortete Clives Frau Bodil zuerst, sorry, da wäre keins. Sie hätten zwar mal eins gehabt, aber jetzt ist es kaputt und geht nicht mehr.

Ich habe mir also den vermeintlichen Schrotthaufen angesehen und stellte fest, dass der Rosthirsch dänischer Herkunft in fast tadellosem Zustand war. Ein paar Schrauben festziehen und Luft aufpumpen war im Grunde der ganze Reparaturakt. Suuuupa!

So bin ich heute per Velo kreuz und quer durch Moshi gegast und hab somit meinen Aktionsradius ein ganzes Stück erweitert.

Aber nochmal eine kurze Rückblende:

Nach etwas mehr als 9 Stunden im unklimatisierten Bus sind wir vorgestern abend wohlbehalten in Moshi angekommen, vorbei an Bergketten und Vulkanen, endlosen Agavenfeldern und quer durch Steppenlandschaften unterschiedlichster Sorte.

In Moshi selbst hat sich weder auf den ersten noch auf den zweiten Blick wirklich viel verändert. Ein paar Geschäfte sind größer geworden oder sind ein paar Meter umgezogen, und eine ganze Menge Straßen sind nicht mehr „rough roads“, sondern dank eines amerikanischen Entwicklungshilfeprogramms (es gibt in dieser Gegend Erdgas) zu Asphaltstraßen mutiert, aber im Wesentlichen ist alles, inklusive der Speisekarte im Pub Alberto, beim Alten geblieben. Und es ist soo schön!

Ich mag diese Stadt einfach. Zwar gibt es auch hier eine Menge Touristenfänger und selbsternannte Künstler (great artists & best friends!), die einem neben allerlei Schnitzhandwerk und maßlos überteuerten Ölmalereien gern auch die eigene Großmutter verkaufen würden, aber es ist immer noch wesentlich ruhiger als in allen anderen Metropolen, die wir bis jetzt passiert haben. Vielleicht liegt es daran, dass die Omas doch noch nicht verkauft sind und stattdessen in aller Seelenruhe ihre Nähmaschinen und sonstigen Gewerke an den Straßenrändern aufbauen und geduldig vor sich hinarbeiten, auf liebevolle Weise die Wünsche sonderbarer Kunden, zum Beispiel mir, entgegennehmen und sich leicht in ein Gespräch verwickeln lassen.

Da die Regenzeit noch nicht lange vorüber ist, schießt die Flora und Fauna nur so vor sich hin und alles ist knallegrün. Nur wenig außerhalb der Downtown gibt es superschöne Akazienalleen und Wälder ohne Ende, endloses Buschwerk und einfach schöne Landschaften.

Clive, der hier mit seiner Frau Bodil etwas nördlich des Stadtzentrums wohnt, hat seit ein paar Jahren ein wunderschönes Haus mit riesigem Gelände gemietet und da seine Frau durchaus gärtnerisches Talent hat, ist hier innerhalb von nur 4 Jahren ein botanisches Paradies entstanden, das sich sehen lassen kann. Für Samuel und mich gibt es ein hübsches Gästezimmer inklusive Bad und Dusche, so dass es uns hier mindestens so gut geht wie an allen anderen Orten, wo wir bis jetzt zu Gast waren.

Am ersten Abend in Moshi waren wir gemeinsam im „Salzburger Café“ essen, was eigentlich eher eine Art Steakhaus ist, in dem ein paar deutsche und österreichische Souvenirs mehr oder weniger unspektakulär untergebracht sind. In jener Location haben vor ziemlich genau 7 Jahren meine Eltern samt Clive und mir gespeist und es entstand ein Foto, dass bis heute an Clive‘s und meiner Pinnwand hängt. Wir mussten natürlich wieder ein Bild machen und vielleicht hängt es bald neben dem alten.

Gestern sind Sami und ich halbwegs plan- und stressfrei durch die Stadt getingelt, haben den Markt erkundet, diverse Künstlerläden passiert und den alten Bahnhof von Moshi besucht. Leider ist dort seit ein paar Jahren absolut gar nichts mehr los, obwohl die Strecke Moshi-Dar es Salaam zu den schönsten im Land gezählt hat. Als ich das letzte Mal an jenem Bahnhof war, gab es immerhin noch ein klein wenig Güterverkehr, aber seit 3 Jahren ist auch der zum Erliegen gekommen und ein paar leerstehende Güterwaggons stehen sich langweilend und vor sich hinrostend in der Gegend herum.

Inzwischen ist das ganze Geschäft vom Personentransport bis zum Güterverkehr auf die Straße verlagert und täglich gasen hunderte von Bussen und LKWs in größtenteils halsbrecherischer Geschwindigkeit zwischen Arusha und Dar es Salaam hin und her. Offenbar mögen die Tansanianer diesen Nervenkitzel mehr als das Geschunkel auf der Schiene.

Am späten Nachmittag haben die Wolken ganz unerwarteterweise den Gipfel des Kilimanjaro freigegeben, so dass wir nicht länger glauben mussten, dass irgendwo hinter diesen vielen Wolken der „Uhuru Peak“, der Gipfel des Kibo sein müsste.

Nun denn.

Für heute hat sich Samuel eine Tour durch den Arusha Nationalpark gewünscht, was an sich eine sehr schöne Idee ist. Da ich diesen Park schon mehrmals besucht habe und die Tour mittels eines ordinären Safari-Unternehmens nicht ganz billig ist, habe ich jedoch verzichtet und nutze nun die Zeit während Sami’s Safaritrip wie bereits beschrieben zum Rumtingeln, Shoppen, Rumkucken und Entspannen.

Gerade sitze ich auf Ashtons Sofa, lasse mir die Sonne auf die Füße scheinen, schlürfe einen Non-Instant-Coffee und finde es einfach nur schön, hier sein zu können.

Für morgen steht der Besuch der anglikanischen Kirche auf dem Plan, danach irgendwo Mittagessen und im Laufe des Nachmittages eine kleine Weltreise Richtung Leguruki. Ich bin sehr gespannt, wie alles geworden ist und habe für meinen ehemaligen Kollegen Yotam, der sich schon wie verrückt auf unsere Ankunft freut, schnell noch ein paar Bilder von damals entwickeln lassen. Hach ja.

So denn, alles Liebe und viele Grüße an die große weite Welt!

Bis bald! Euer Philipp

5 Kommentare:

Anonym hat gesagt…

hallo Philli, da sind wir doch grade richtig nach hause gekommen. grade hab ich den bericht gelesen. Spitze, echt wie selber dabeigewesen! (was ich im übrigen tatsächlich gerne wäre, weißt du ja:-) wir hatten auch einen prima urlaub und bei uns hieß das ebbespazieren "Wattwanderung" und hat auch Spaß gemacht...
mami
grüße an Clive und seine frau

Anonym hat gesagt…

übrigens sitzt Clive wohl tatsächlich immer am gleichen tisch? hab echt erst gedacht, dass wär das foto von damals
ma

Anonym hat gesagt…

SUPER!!! Dabei und mitten drin!

Sturtzl

Philipp hat gesagt…

@ Mami: Nee, wir haben extra die Leute von dem tisch verscheucht, damit wir das Bild vor gleicher Kulisse machen können :o)

Anonym hat gesagt…

Hey Alter, da muss man erst Urlaub machen um so köstliche Dinge zu lesen. Mami hat mir den Tipp gegeben nun endlich mal...Köstlich gut und hilfreich.Andere Leute würden so was gleich drucken lassen. Auch das Medium und die ganze Art ist für mich in meinem hohen Alter ja sehr beeindruckend. So kann man doch viel effektiver in aller Stille die Welt beglücken und muss nicht ständig dazu auf die Kanzel steigen. Ich hoffe Du fabrizierst aus dieser Reise auch noch einen lebendigen Bericht, den wir uns dann genüsslich zu Gemüte führen wollen.
Bleib behütet und umarmt von Deinem hochbetagten Vater