Mittwoch, 20. Juni 2007

Singsangsemester auf Tour: Part 1

Inzwischen war reichlich Zeit, um tausende Blögge zu umrunden und ich trau mich nun endlich daran, etwas zu den letzten Wochen zu notieren.
Während ich seit Stunden versuche, mein Picasa-Web-Album um einen zweihundertdreiundsechzig-bildrigen Ordner zu erweitern und mein PC dabei jetzt schon das dritte Mal abgeschmiert ist, will ich nun doch einfach mal losschreiben. Nämlich das, was zu den Bildern, seien sie nun vorhanden oder nicht, noch zu sagen wäre.

Studienabschlussfahrt.
So hieß das letzte große Event, dauernd vom 2. bis zum 10. Juni 2007.

Abfahrt am Samstag, 2. Juni 20.00 Uhr in Moritzburg.
Da war ich allerdings noch nicht dabei, denn zu diesem Zeitpunkt verweilte meine Wenigkeit noch in Unteröwisheim bei Bruchsal. Wem das auch noch nichts sagt, das ist in der Nähe von Stuttgart. Dort wiederum traf sich just am gleichen Wochenende eine größerer Teil meiner Verwandschaft 1., 2. und 3. Grades zu einem Familientreffen. Hinzugefügt sei auch noch, dass in der Woche zuvor in Moritzburg Gemeinschaftstag, das ist so eine Art Jahresfest der Diakone (ohne Zweifel das größte Event des Jahres im Diakonenhaus) stattfand und ebenso einen Großteil aller Kapazitäten in Anspruch nahm. Kurz gesagt: An Höhepunkten fehlte es in dieser Woche nicht.

Zurück zur Tour. Gegen 2.00 Uhr nachts wurde endlich auch ich Mitglied der nun 16-köpfigen Besatzung zweier Kleinbusse, allesamt Studierende meines Jahrganges inklusive unseres Mentors. Schließlich sollte es die letzte große Aktion sein, die wir gemeinsam bestreiten würden.

Wie geplant rauschten wir durch die schwarze Nacht in Richtung Taizé, das erste Ziel unserer 9-tägigen Reise. Die Sonne war schon lange aufgegangen und verbrannte unsere langen Gesichter, als wir gegen 7:30 ziemlich zerknittert in einem kleinen aber doch so prominenten Ort nördlich von Cluny ankamen.

Taizé- was ist das eigentlich? Nicht jeder Kantor und Kirchenmusiker ist spontan erfreut, wenn er nach Assoziationen zum gleichnamigen Musikstil grübelt. Einige Gesänge sind sehr wohl bekannt. Und nicht für jeden sind die endlosen Wiederholungen der doch so wunderschönen Gesänge das königliche Nonplusultra.
Taizé aber ist mehr als nur Musik. Inmitten idyllischer französischer Landschaft befindet sich dort ein ganz besonderer und in der Tat weltberühmter Mönchsorden, genau genommen sogar ein Kloster, welches Frere Roger, auch bekannt als Roger Schütz dort schon vor dem 2. Weltkrieg gegründet hatte.

Über die Philosophie und die Glaubens- und Lebensweise der Taizémönche damals und heute will ich mich kurz halten. In jedem Fall ist im Laufe der Jahrzehnte am Kloster ein ansehnliches ökumenisches Jugendbegegnungszentrum entstanden, welches mittlerweile angeblich bis zu 6000 Leute beherbergen kann. (Dann möchte ICH allerdings nicht dort sein).
Während der Zeit unserer Präsenz vor Ort befanden sich außer uns zum Glück weniger als tausend Leute auf dem Gelände- in diesem Sinne eine durchaus ruhige und angenehme Woche.

Zentrum allen Lebens in Taizé sind die 3mal täglich stattfindenden Gebetszeiten bzw. Andachten früh mittags und abends in einer riesigen „Kirche“, in der sowohl die Mönche in weißem Gewand als auch möglichst sämtliche Besucher anwesend sind. Auch der Ablauf dieser Mini-Messen ist durchaus ungewohnt; lässt man sich aber darauf ein, mehr als erbaulich und von einer ganz besonderen Atmosphäre geprägt, die ich persönlich als sehr entspannend empfand.

Der Ablauf der Veranstaltungen ist immer sehr ähnlich und beginnt eigentlich schon damit, dass die etwa 70 Mönche in den letzten 15 Minuten vor Beginn der Messe mehr oder weniger unregelmäßig (jeder wie er kommt) in recht anmutigem Procedere in die Kirche einziehen und in sehr individuellem Stil ihre Plätze einnehmen. Knieend oder sitzend. Auf dem Fußboden, auf Sitzbänken, auf Stühlen.

Besonders ist auch, dass die Mönche durch die besondere Einrichtung des Raumes inmitten der Besucher sitzen und somit weniger distanziert von den Besuchern der Messe erscheinen.

Gebete und Bibellesungen, beides in der Regel mehrsprachig, werden eingerahmt von den so bekannten Taizé-Gesängen, die den größten Teil der Zeit füllen. Anfangs gewöhnungsbedürftig ist auch die 5-10-minütige Zeit der Stille, die sich an die Schriftlesung anschließt.

Wie gesagt, der liturgische Ablauf ist Geschmackssache. Es gibt keine Predigt, keine Schriftauslegung, keine Diskussion über irgendwas. Es IST einfach. Das - und die Stille, das muss man aushalten können. Gerade deshalb habe ich diese Zeiten als besondere Ruhepunkte im Tagesablauf empfunden.

Natürlich ist das längst nicht alles. Jede Woche in Taizé steht unter einem (bzw. mehrenen) bestimmten Themen, über die dann sehr wohl diskutiert wird. Morgens gibt einer der Mönche eine etwa 1-stündige Einführung zu biblischen Texten, nachmittags treffen sich die Teilnehmer in kleinen Gruppen, um Fragen zum Text und zum Thema zu besprechen.

Zwischendurch bleibt Zeit, um in Raubtiermanier um das Essen zu kämpfen, diverse Aufgaben im Lager zu erledigen und natürlich mit Leuten aus aller Welt ins Gespräch zu kommen.

Am ersten Tag kam mir das Leben im Lager mehr als chaotisch vor. Wer ist hier eigentlich für was zuständig? Wann muss ich wohin? Und wieso wissen alle Leute außer mir, was hier eigentlich wie funktioniert?

Naja, ein oder zwei Tage später wusste ich, dass die Brüder keinerlei feste Angestellten haben, sondern nur ehrenamtliche Helfer am Werk sind, die nur durch dezente Impulse gesteuert und durch relativ flexible Pläne oft spontan, aber doch durchaus wirkungsvoll eingesetzt werden.
Nur dadurch, dass jeder mit anpackt, kann das Lager funktionieren. Und nur dadurch, dass alle erstmal mitmachen, kommt Leben, aber auch Ordnung in das Chaos.

In Erinnerung bleibt mir dennoch ein sehr spirituell geprägter Ort, der durch seine besondere Atmosphäre offensichtlich auch eine besondere Anziehungskraft entwickelt hat. Sicherlich ist Taizé mit all seinen Eigenheiten nicht jedermanns Sache. Überzeugen vom Sinn oder Unsinn eines solchen Projektes muss sich schließlich jeder selbst.

Nach 3,5 Tagen gings am Mittwoch weiter nach Genf in der der französischsprachigen Schweiz. Doch davon mehr im 2. Teil...

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